Neurol Rehabil 2014; 20 (1): 5-16 ÜBERSICHT
Der Effekt von rhythmisch-auditorischer Stimulation auf das Gehen bei Parkinson- Patienten – applizierte Frequenzen und Langzeiteffekte
A. P. Kacsir1,2, T. Braun1,3,4, M. Pinter1
1 Department für Klinische Medizin und Präventionsmedizin – Zentrum für Klinische Neurowissenschaften an der Donau-Universität Krems, AT 2 Zentrum für Physiotherapie am Markt – Fachpraxis für Physiotherapie mit Schwerpunkt Neurologie und Orthopädie, Heerbrugg, CH 3 Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Hochschule für Gesundheit, Bochum, D 4 Rehaklinik Zihlschlacht, Zentrum für Neurorehabilitation, Zihlschlacht, CH
Zusammenfassung
Hintergrund: Die rhythmisch-auditorische Stimulation (RAS) hat tiefgreifende Wirkungen auf das motorische System von Patienten mit idiopathischem Parkinsonsyndrom (iPS), wie physiologische Untersuchungen zeigen konnten. Der Wirkmechanismus scheint sich hierbei über verschiedene Pfade im Gehirn sowie auf Rückenmarksebene abzuspielen. Eine Vielzahl klinischer Studien untersuchte daher die therapeutische Wirksamkeit von Rhythmus und Musik auf das Gehen von Patienten mit iPS. Zielstellungen: Das Ziel des vorliegenden systematischen Reviews war es, die Effekte der RAS auf das Gehen bei iPS-Patienten zusammenzufassen. Der Schwerpunkt lag hierbei auf neueren Untersuchungen der letzten zehn Jahre, welche eine Intervention mit RAS mit einem Placebo oder anderen Interventionsmethoden verglichen. Überprüft wurden zudem die applizierten Frequenzen, welche selbst gewählt oder vorgegeben wurden, die Interventionsintervalle, sowie Follow-up-Messungen zur Darstellung der Langzeiteffekte der Gangverbesserungen. Suchstrategie und Selektionskriterien: Zwei Untersucher durchsuchten unabhängig voneinander die wissenschaftlichen Datenbanken Medline, Cochrane Movement Disorders Group Specialized Register, the Cochrane Controlled Trials Register, CINAHL, REHABDATA und PEDro. Es wurden nur klinische Studien, RCTs oder quasi-RCTs eingeschlossen. Die Veröffentlichung musste zwischen dem und dem 01.01.2004 und dem 31.12.2013 erfolgt sein. Sammlung und Datenanalyse: Die methodologische Qualität der Studien wurde anhand der PEDro- Skala von beiden Untersuchern bewertet, die Extraktion der Daten wurde vom Hauptautor vorgenom-men. Waren zwei oder mehrere randomisierte kontrollierte Studien (RCT) gleichwertig aufgebaut, wurde eine Meta-Analyse durchgeführt. Resultate: Es konnten 24 Studien in dieses Review eingeschlossen werden (16 klinische Studien, sechs kontrollierte Studien mit moderater Evidenz und zwei methodologisch hochwertige RCTs). Aufgrund der unterschiedlichen Studiendesigns war kein Datenpooling möglich. Die Hälfte der Studien verwendete Einzelsession-Experimente, und die restlichen Studien untersuchten RAS über eine oder mehrere Wochen. Nur wenige Studien (34 %) untersuchten die Effekte mit Follow-up-Messungen. Damit kann keine Aussage über die Evidenz der langzeitigen Effekte der RAS gemacht werden. Zudem bleibt unklar, welche individuellen Frequenzen für die Patienten gewählt werden sollten. Schlussfolgerung: Spatio-temporale Parameter können durch ein Training mit RAS kurzzeitig verbessert werden. Einzelne Follow-up-Messungen deuten darauf hin, dass die Effekte der RAS nur bei konstantem Training erhalten bleiben. Bei einer zunehmenden kognitiven Verschlechterung kann die RAS zu einer Doppelaufgabe werden und das Sturzrisiko der Patienten erhöhen. Inwiefern eine längere Anwendung von auditorischen Cues Adaptationsmechanismen hervorruft, bleibt unklar.
Schlüsselwörter: Parkinson Syndrom, auditorische Stimulation, Cues, Gang, Physiotherapie vergleichen.
Rhythmic-auditory stimulation in Parkinson’s Disease – effectiveness, applied frequencies and long-term effects A. P. Kacsir, T. Braun, M. Pinter
Abstract
Background: Rhythmic-auditory stimulation (RAS) has a profound effect on the motor system of individuals with Parkinson’s disease (PD), as physiological research has proven. The mechanism of action seems to work within different pathways in the brain and on spinal level. A large number of clinical trials have examined the effectiveness of rhythm and music on locomotion in PD. Objectives: The aim of this systematic review is to summarize the effectiveness of RAS on gait in patients with PD. The focus was on trials recently published, within the last 10 years, that compared RAS interventions with placebo or alternative methods. Furthermore, an analysis was performed on applied frequencies, which had been self-paced or predetermined, as well as on intervention intervals. To show long-term effects on walking performance, the duration of follow-up periods was demonstrated. Search strategy and selection criteria: Two independent researchers searched in the following databases: Medline, Cochrane Movement Disorders Group Specialized Register, the Cochrane Controlled Trials Regis-ter, CINAHL, REHABDATA and PEDro. Only clinical trials and RCTs (or quasi-RCTs) were included. The studies must have been published between 01.01.2004 and 31.12.2013. Data collection and analysis: Methodological quality of the included studies was assessed with the PEDro scale by both researchers, and data extraction was performed by the main author. A meta-analysis was conducted if two or more relevant randomized controlled trials (RCT) with the same outcome parameter were present. Main results: A total of 24 studies were included in this review (16 clinical trials, six controlled studies with moderate evidence and two high-quality RCTs). Because of different study designs, no data pooling was possible. Half of the trials used a single-session design. The other studies investigated cueing during one or more weeks. Only a few trials (34 %) performed follow-up measurements. Thus, evidence for long-term effectiveness remains unclear. Furthermore, no clear recommendation can be made on individual RAS frequencies to be most effective. Conclusion: Spatio-temporal parameters can be improved with RAS for a short-term duration. Some trails with follow-up measurements indicate that effects of RAS only last when training is performed constantly. In patients with cognitive decline, RAS can function as a dual-task and therefore increase the risk of falling. It remains inconclusive in how far a constant application of auditory cues can induce adaptions.
Keywords: Parkinson’s disease, auditory, stimulation, cues, gait, physiotherapy
© Hippocampus Verlag 2014
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