Suche

Suche

ZEITSCHRIFTEN / Neurologie & Rehabilitation / Archiv / 2014_5 / Abstract 2
 

Neurol Rehabil 2014; 20 (5): 246-252                                                                     SCHWERPUNKTTHEMA


Hippotherapie bei Multipler Sklerose
Ergebnisse einer prospektiven, randomisierten, einfach-blinden Studie und Übersicht über die Literatur

L. Schatz1, S. Boswell1,2, A. Eitel1, K. Gusowski1, P. Flachenecker1

1 Neurologisches Rehabilitationszentrum Quellenhof, Bad Wildbad
2 Reha Rheinfelden, Rheinfelden, Schweiz


Zusammenfassung
Die Hippotherapie hat positive Effekte auf Spastik, Gehvermögen, Gleichgewicht und damit auch auf die Lebensqualität von Patienten mit Multipler Sklerose (MS). Allerdings existieren bisher nur wenige Studien, die die Wirksamkeit der Hippotherapie untersuchten. Um deren kurz- und mittelfristige Effekte bei MS-Patienten zu evaluieren, führten wir eine kontrollierte, randomisierte und einfach-blinde Studie durch und diskutieren die Ergebnisse im Kontext der verfügbaren Literatur.
Patienten und Methodik: Eingeschlossen wurden Patienten ≥ 18 Jahre mit gesicherter MS nach den McDonald-Kriterien, die zwischen Oktober 2007 und Juni 2008 zu einer stationären Rehabilitationsmaßnahme
im Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof aufgenommen wurden, ein eingeschränktes Gehvermögen aufwiesen (EDSS 4,0 – 7,0) und ihr Einverständnis zur Teilnahme an der dreiwöchigen Studie gaben. Alle Patienten erhielten das zielorientierte, störungsspezifische Rehabilitationsprogramm. Die Hippotherapie-Gruppe (HG, 15 Patienten, 10 Frauen, 5 Männer, Alter 45,2 ± 8,5 Jahre, mediane EDSS 5,0) erhielt zusätzlich einmal wöchentlich (Dienstagnachmittag) 20 Minuten Hippotherapie, während die Kontrollgruppe (KG, 14 Patienten, 11 Frauen, 3 Männer, Alter 48,6 ± 9,6 Jahre, mediane EDSS 5,0) einmal wöchentlich zusätzlich 30 Minuten konventionelle Physiotherapie zu diesem Zeitpunkt erhielt. Von einem für die Gruppenzugehörigkeit geblindeten Untersucher wurden dreimal pro Woche am Morgen (Dienstag, Mittwoch, Freitag) der 6-Minuten-Gehtest (6minGT), der 10-m-Gehtest (10mGT) und der Timed-Get-Up-And-Go-Test (TGUG) erhoben. Daneben wurden zu Beginn und am Ende des Studienzeitraums neben einer beobachtenden Ganganalyse verschiedene andere Parameter erfasst.
Ergebnisse: In beiden Gruppen war nach drei Wochen die Ausdauerleistung beim Gehen (6minGT) signifikant verbessert, während die beobachtende Ganganalyse nur in der HG einen signifikanten Unterschied zum Ende der Behandlung aufwies. Darüber hinaus war in der HG, nicht aber in der KG direkt nach der Intervention eine Verbesserung der Gangparameter zu beobachten. Dementsprechend zeigte die gepoolte Analyse in der HG eine signifikante (p < 0,001) Verbesserung von 6minGT, 10mGT und TGUG der am Mittwoch erhobenen Werte gegenüber den Dienstags-Werten, während in der KG keine Unterschiede zwischen diesen beiden Wochentagen gefunden werden konnten.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass die Hippotherapie sowohl kurz- als auch mittelfristige Effekte auf Gangqualität, Gehvermögen und Ausdauerleistung hat, die diejenigen der konventionellen Physiotherapie gleicher Zeitdauer übersteigen. Damit stellt die Hippotherapie eine wichtige Ergänzung der physiotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten dar und kann sowohl für den ambulanten Bereich als auch im Rahmen einer stationären Rehabilitationsbehandlung empfohlen werden.

Schlüsselwörter: Multiple Sklerose, Hippotherapie, Mobilität, Gleichgewicht, Rehabilitation

 

Hippotherapy in multiple sclerosis – results of a prospective, controlled, randomised single-blind trial and review of the literature

L. Schatz, S. Boswell, A. Eitel, K. Gusowski, P. Flachenecker

Abstract
Hippotherapy may have a positive impact on spasticity, gait, balance and eventually quality of life in patients with multiple sclerosis (MS), but clinical studies are rare. Therefore, we conducted a single-blind, randomized, controlled trial and discuss the results in the context of the literature.
Patients and methods: Eligible were patients ≥ 18 years with definite MS according to the McDonald criteria who (1) were admitted to inpatient rehabilitation between October 2007 and June 2008, (2) had impaired walking capacity (EDSS 4.0 – 7.0), and (3) gave informed consent. All patients were treated with their individual, goal-oriented rehabilitation program. The hippotherapy group (HG, 15 patients, 10 female, 5 male, age 45.2 ± 8.5 years, median EDSS 5.0) received once weekly (Tuesday afternoon) 20 minutes hippotherapy, whereas the control group (CG, 14 patients, 11 female, 3 male, age 48.6 ± 9.6 years, median EDSS 5.0) was treated once weekly with an additional 30 minute session of traditional physiotherapy. A blinded investigator performed 6-minute walking test (6minWT), 10-meter walking test (10mWT) and timed-get-up-and-go test (TGUG) three times per week (Tuesday, Wednesday, Friday). Several other tests including video-assisted gait analysis were done before and after the three week study period.
Results: The 6minWT was significantly improved after three weeks in both groups, whereas gait analysis was significantly different only in HG. In addition, only HG but not CG resulted in positive effects directly after the
intervention. Accordingly, pooled analysis showed significant improvements in 6minWT, 10mWT and TGUG from Tuesday to Wednesday only in HG, with no differences in CG.
Conclusion: The results of our study show that hippotherapy has short- and mid-term effects on gait quality, walking ability and endurance that exceed those of traditional physiotherapy. Hippotherapy may thus be an important part in the rehabilitation of patients with MS.

Key words: multiple sclerosis, hippotherapy, walking, balance, rehabilitation


© Hippocampus Verlag 2014


 << zurück

 

© 2021 • Hippocampus Verlag, Bad Honnef • Impressum • Fon: 0 22 24 - 91 94 80 • E-Mail: info@hippocampus.de