Neurol Rehabil 2016; 22 (3): 209-216 SCHWERPUNKTTHEMA DOI 10.14624/NR150816.004
Evidenzbasierte Konzepte der motorischen Frührehabilitation
S. Thomas1, M. Pohl2, J. Mehrholz1, 3
1 Wissenschaftliches Institut, Private Europäische Medizinische Akademie der Klinik Bavaria in Kreischa 2 Helios Klinik Schloss Pulsnitz 3 Gesundheitswissenschaften-Public Health, Medizinische Fakultät »Carl Gustav Carus«, Technische Universität Dresden
Zusammenfassung Frühe Rehabilitation von Patienten nach Hirnschädigung ist wesentlich, um Funktionen, Aktivitäten und Teilhabe am Leben wieder zu ermöglichen. Jedoch sind für den Erfolg der Frührehabilitation die Dosis der Intervention und die Schwere der neurologischen Schädigung zu berücksichtigen. Frührehabilitation bei schweren Hirnverletzungen sollte frühzeitig sowie mit angepasster Dosis und bei relativ und entsprechender niedriger Intensität in den ersten 2 Wochen durchgeführt werden. Patienten mit leichter Schädigung können bereits von einem intensiven Training innerhalb der ersten Woche profitieren. Spätestens 2 Wochen nach dem Akutereignis ist ein hoch intensives Training aller Patienten mit Hirnschädigung effektiv möglich. Bei Patienten mit auf Intensivstation erworbenem Schwächesyndrom und schweren peripheren Paresen kann die Mobilisation innerhalb der ersten 48 Stunden sicher durchgeführt werden. Ein tägliches intensives Training in den ersten 4 Wochen innerhalb der Frührehabilitation kann die Mobilität dieser Patienten ebenfalls verbessern. Aber nicht nur der Zeitpunkt der Frührehabilitation, sondern auch die Inhalte der Therapien spielen eine wesentliche Rolle. Bei leichten Armparesen nach Schlaganfall sollte z. B. die Constrained Induced Movement Therapy bevorzugt werden. Hingegen sind bei schweren Paresen uni- sowie auch bilaterale repetitive Trainingsmaßnahmen effektiv. Hier kann zum Beispiel sehr gut das roboterassistierte Armtraining angewandt werden. Patienten, die nach einem Schlaganfall nicht mehr gehen können, profitieren deutlich von einem frühen Gehtraining mit Hilfe der elektromechanisch assistierten Gangtherapie. Schlaganfallpatienten hingegen, die bereits gehen können (FAC ≥ 3), profitieren vor allem von einem sehr intensiven Training wie einem Sprinttraining auf dem Laufband bezüglich Gehausdauer, Gehfähigkeit und Gehgeschwindigkeit. Bei Patienten mit prolongiertem Weaning und erworbenem Schwächesyndrom auf der Intensivstation sind ebenfalls aktive Maßnahmen der therapeutische Hauptschwerpunkt. Vor allem die allgemeine Mobilisierung in den Sitz, das Training des selbstständigen Aufstehens, des Stehens und Gehens stehen im Vordergrund. Maßnahmen zur Stärkung der inspiratorischen Atemmuskulatur und zur Verbesserung der Muskelkraft sowie ein Ausdauertraining können zur Verbesserung der Mobilität beitragen. Schlüsselwörter: Frührehabilitation, Armfunktionen, Gehfähigkeit
Evidence based concepts for regaining motor function in early neurological and neurosurgical rehabilitation (ENNR)
S. Thomas, M. Pohl, J. Mehrholz
Abstract Early rehabilitation in patients after stroke is important for regaining functional independence. However, successful rehabilitation depends on the severity of the lesion and therapy intensity. Initiating early progressive physical treatment within the first 24 hours or during the first week in patients with severe stroke results in more clinical complications without increased improvement in motor function compared to controls. However, mildly impaired stroke patients benefit from intensive practice within the first seven days after stroke. No more than two weeks after stroke, training intensity should be increased in both severe and mildly impaired patients. Patients with prolonged mechanical ventilation and intensive care unitacquired weakness (ICUAW) may be mobilized within the first 48 hours after acute critical illness, and intensive mobility treatment may be performed within the first 4 weeks of early rehabilitation without complications. Motor recovery thus depends on prompt treatment, and also on the training program. Constrained-induced movement therapy is preferred in stroke patients with mild upper limb paresis, whereas severe motor loss can be effectively treated with uni- or bilateral robot-assisted devices. Impaired walking ability after stroke is common and might be reduced with the help of electro-mechanical walking devices, e.g., training with endeffector systems. An increase in walking speed, gait capacity and ability can be achieved by speed-dependent treadmill training in walking stroke patients (FAC ≥ 3). ICUAW syndrome is also common and can be treated by early active mobilization in standing and walking. Other active training methods, e. g., breathing exercises, strength and endurance training can be implemented during early rehabilitation.. Keywords: ENNR, arm function, ambulation
© Hippocampus Verlag 2016
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