Immunmodulatorische und -suppressive Behandlung der Multiplen Sklerose
E. Mauch Fachklinik für Neurologie Dietenbronn, Schwendi
Zusammenfassung Zur Behandlung des autoimmunen Entzündungsprozesses bei der Multiplen Sklerose (MS) gibt es inzwischen eine größere Anzahl von Medikamenten, deren Wirksamkeit in validen Studien belegt werden konnte. Aktuell werden die Beta-Interferone und Glatirameracetat als Basistherapeutika eingesetzt; bei Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen gegenüber diesen Substanzen kommen in zweiter Linie auch Azathioprin/Methotrexat bzw. Immunglobuline in Frage. Bei unzureichender Wirksamkeit der Basistherapeutika hat sich eine Eskalation zum stark immunsuppressiv wirkenden Mitoxantron (evtl. auch zum Cyclophosphamid) etabliert. Neu hinzugekommen ist der Antikörper Natalizumab, der sich wohl einen Platz bei den Basistherapeutika erobern wird, insbesondere zur Behandlung der foudroyant verlaufenden, schubförmigen MS. Die meisten der zur Verfügung stehenden Präparate sind für die Behandlung der schubförmigen MS zugelassen; die Auswahl wird erheblich kleiner für die sekundär-progredienten Verlaufsformen, und für die primär-progrediente MS ist immer noch kein durch valide Studien gesichertes Vorgehen bekannt. Allgemein gilt, aus den zur Verfügung stehenden Substanzen die für jeden MS-Patienten optimale, individuelle Therapie auszuwählen. Das Ziel ist dabei, einen Stopp der Krankheitsprogression zu erreichen. Die ausgewählte Behandlung muss daher regelmäßig hinsichtlich ihrer Effektivität kontrolliert werden. Dies geschieht durch klinische, kernspintomographische und evtl. auch elektrophysiologische Untersuchungen. Empfehlenswert ist eine erste Kontrolluntersuchung nach spätestens sechs Monaten; bis zur Stabilisierung sollten die 6-monatigen Intervalle beibehalten werden. Nach Erreichen klinischer Stabilität genügen jährliche Kontrollintervalle. Überwacht werden müssen die Therapien außerdem hinsichtlich ihrer Risiken und möglichen Nebenwirkungen mittels EKG, Echokardiographie und Labortests. Hier sind die Kontrollintervalle entsprechend den verschiedenen Substanzen unterschiedlich. Abgesehen von einer IVIG-Therapie ist bei allen Behandlungen ein Konzeptionsschutz zwingend erforderlich. Da die medikamentöse Therapie der MS in erster Linie dazu dient, weitere Schädigungen im Zentralnervensystem (ZNS) durch den autoimmunen Entzündungsprozess zu verhindern, ist mit allen Behandlungen möglichst früh zu beginnen, um irreversible axonale Schäden zu vermeiden. Weitgehend unklar ist bis jetzt noch, wie lange die jeweiligen Behandlungen durchzuführen sind und wann und mit welcher Substanz evtl. wieder eine De-Eskalation möglich ist. Neben den unbestreitbaren Erfolgen der medikamentösen prophylaktischen Therapie sollte jedoch die Verbesserung bereits bestehender Defizite durch eine gezielte symptomatische Behandlung nicht vergessen werden. Schlüsselwörter: Multiple Sklerose, Therapie, Immunmodulation, Immunsuppression
Immunomodulatory and immunosuppressive treatment of multiple sclerosis E. Mauch
Abstract Today a number of substances for the treatment of autoimmune inflammation in multiple sclerosis (ms) are available that have proven its efficacy in valid clinical trials. Beta interferons and glatirameracetate are used as basic therapeutics. In case of incompatibilities or contraindications regarding these substances, azathioprine/methotrexate or immunoglobulines (IVIG) can be a second option. If these substances fail to stop progression of disease, escalation is possible with mitoxantrone (or cyclophosphamide). The new antibody Natalizumab may presumably seize a place in basic therapy, especially in the treatment of rapidly worsening relapsing-remitting ms. Most compounds are licensed for the therapy of relapsing-remitting ms; in contrast the alternatives become rare in secondary progressive ms. For primary progressive ms ? so far ? there is no proven treatment option. It is the aim of any therapy to find out the optimal individual treatment that stops disease progression in each ms patient. Therefore, it is necessary to evaluate therapy regularly by means of clinical, MRI and e.g. electrophysiological examinations to see its efficacy. We recommend a first follow-up examination six months after the start of the new treatment; until stabilization, checkups at intervals of six months should go on. After achieving clinical stability, one-year follow-ups are sufficient. Moreover it is important to control therapies in respect of risks and side effects using ECG, Echocardiography and laboratory tests. Here, the intervals of follow-up examinations depend on the different substances. Apart from IVIG therapy, all treatment options require strict contraception. Another essential aim in ms therapy is to prevent further destruction of the central nervous system by the autoimmune inflammation of ms. Thus, any treatment has to be started very early in order to avoid irreversible deficits by axonal loss. Up to now, there is no general consent of how long treatment should be applied and at what time and with what kind of substance de-escalation is possible. Besides the unquestionable positive effects of medication in ms therapy the improvement of existing deficits by specific physiotherapy should not be disregarded. Key words: multiple sclerosis, therapy, immunomodulation, immunosuppression
© Hippocampus Verlag 2006
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