Elektrotherapie bei Myopathien und Neuropathien Ein kurzer Literaturüberblick (I)
T. Mokrusch Hedon-Klinik, Lingen
Zusammenfassung In der Behandlung und Rehabilitation von Myopathien und Neuropathien kommt die Elektrotherapie seit Jahrzehnten immer wieder zum Einsatz, und zwar im wesentlichen mit Stimulationsformen aus dem Niederfrequenzbereich. Es gibt bislang zu diesem Thema jedoch nur eine Handvoll Publikationen. Die wenigen veröffentlichten Untersuchungen befaßten sich im wesentlichen mit den Auswirkungen von konventioneller Niederfrequenz-Myostimulation (Impulsbreite 50300 µs, Frequenz 530 Hz) auf die Kraftentwicklung und die Trophik der betroffenen Muskulatur. Sowohl die Elektromyostimulation alleine als auch die Kombination von Elektrostimulation mit gewichtsunterstütztem Willkürkontraktions-Training erwies sich nicht nur an Patienten mit Muskeldystrophien, sondern auch bei der spinalen Muskelatrophie als sicher wirksam. Kriterium war der Kraftaufbau am M. quadriceps, festgestellt wurde dies tendenziell auch am M. tibialis anterior, wobei die Therapie- und Beobachtungszeiten am Erwachsenen zum Teil weit länger als ein Jahr waren. Die Therapieansätze an Kindern mit Duchennescher Muskeldystrophie zeigten ähnliche Ergebnisse mit Beobachtungszeiten über mehrere Monate, wobei als wesentlicher Effekt eine Kraftzunahme am M. quadriceps festgestellt wurde. Als wirksame Frequenz wird bei Kindern 8 Hz genannt, bei Erwachsenen 30 Hz. Auch wenn sämtliche Studien zu kurz angelegt waren, um den Langzeitverlauf über viele Jahre realistisch beurteilen zu können, so wird anhand der ermutigenden positiven Kurzzeit-Ergebnisse doch angenommen, daß zumindest eine Verzögerung im gesamten Krankheitsverlauf erreicht werden kann. Will man den Einfluß der Elektrotherapie auf den kranken Muskel oder auch eventuelle Nebenwirkungen erfassen, so ist der Serumspiegel des Enzyms Kreatinkinase (CK) des Skelettmuskels hierfür ein brauchbares Kriterium. In einer eigenen Untersuchung zeigte sich, daß Patienten mit neurogen bedingten Paresen keine signifikanten Veränderungen der CK aufwiesen, während sich bei Myopathie-Patienten zum Teil erhebliche Anstiege der CK fanden, und zwar sowohl unter Krankengymnastik als gleichermaßen auch unter Elektrotherapie. Interessanterweise zeigten sich diese Veränderungen jedoch nicht nur unter Schonung rückläufig, sondern auch unter kontinuierlicher Beibehaltung der Therapie, sofern diese moderat durchgeführt wurde. Bei Neuropathien konnte die klinische Beobachtung bestätigt werden, daß eine konventionelle Myostimulation im Niederfrequenzbereich generell fördernd auf die Trophik wirkt. Eine konventionelle TENS konnte neuropathische Schmerzen in 80% der Fälle positiv beeinflussen. Insgesamt kann beim derzeitigen Kenntnisstand gesagt werden, daß die klinische Wirksamkeit einer Elektrotherapie von Myopathien und Neuropathien bislang nur an einer kleineren Zahl von Patienten bewiesen wurde, und dies sollte Anlaß sein, mit Hochdruck an umfangreicheren Studien zu arbeiten, denn es spricht vieles dafür, daß die Niederfrequenz-Myostimulation bei diesen Krankheitsgruppen ein wertvolles Therapiemittel darstellt. Unter Therapie sollten regelmäßige Kontrollen der CK durchgeführt werden. Schlüsselwörter: Elektrostimulation, Elektrotherapie, Muskel, Myopathie, Neuropathie
Electrotherapy in myopathies and neuropathies a short review (I) T. Mokrusch
Abstract In treatment and rehabilitation of myopathies and neuropathies, electrotherapy is used since decades. Mostly, stimulation regimes of the low frequency range are used. Nevertheless, there is only a handful of publications on this topic. The few published investigations dealt with the sequelae of conventional low frequency myostimulation (pulse width 50300 µs, frequency 530 Hz) for the development of muscle force and trophism. Electromyostimulation alone as well as the combination of electrostimulation with weightlifted voluntary contraction training definitely proved to be effective to increase contraction force in the quadriceps muscle not only in patients with muscle dystrophies but also in spinal muscular atrophy. For the increase of muscle force there was also a tendency seen in the tibialis anterior muscle, with a time course of therapy and investigation of more than one year. Therapeutical trials with children with Duchenne muscular dystrophy showed similar results with investigation times of several months, the most important effect being an increase of muscle strength in the quadriceps muscle. In children, as an effective frequency 8 Hz is stated, in adults 30 Hz. In spite of the fact that all the studies were done with an investigation time being too short to realistically estimate the long term results over years, it is believed that, according to the encouraging and positive short term results, a retardation of the overall time course of the illness can be achieved. To record the influence of electrotherapy on the affected muscle, or to record side effects of the therapy, the serum level of the muscle enzyme creatine kinase (CK) is a useful parameter. In an own investigation it was shown that patients with neurogenic pareses did not show significant changes of the CK, while in patients with myopathies distinct increases of the CK were found, following physiotherapy as well as electrotherapy. It is of some interest that these changes showed to be reversible not only during a post-treatment resting phase but also under a continuously and moderately ongoing therapy. In neuropathies, the clinical finding was confirmed that a conventional myostimulation in the low frequency range generally was useful for trophism. A conventional TENS was able to positively influence neuropathic pain in 80% of the cases. For the actual state of the knowledge it can be summarized that the clinical efficacy of electrotherapy in myopathies and neuropathies was confirmed in several studies, but only in a small number of patients. This should give occasion to project larger studies, because many details point out that low frequency myostimulation is a valuable therapeutical tool in these diseases. During therapy, continuous controls of serum CK are recommended. Key words: electrostimulation, electrotherapy, muscle, myopahty, neuropathy
Z Elektrostim Elektrother 2000; 2 (1): 17-19
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