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ZEITSCHRIFTEN / Neurologie & Rehabilitation / Archiv / 2013_4 / abstract 2
 

Neurol Rehabil 2013; 19 (4): 227-235                                                                            SCHWERPUNKTTHEMA



Einfluss körperlicher Aktivität auf kognitive Fähigkeiten bei der Multiplen Sklerose

A. Felbecker1, C. D. Reimers2, B. Tettenborn1
1 Klinik für Neurologie, Kantonsspital St. Gallen
2 Klinik für Neurologie, Zentralklinik Bad Berka


Zusammenfassung

Der Einfluss regelmäßiger körperlicher Aktivität auf kognitive Leistungen gewinnt wegen der
zunehmenden Häufigkeit von Demenzerkrankungen immer mehr an Interesse. Während im
Bereich der neurodegenerativen und vaskulären Demenzen inzwischen zahlreiche Forschungsarbeiten
zu diesem Thema vorliegen, sind die Auswirkungen körperlicher Aktivität auf die
Kognition bei anderen chronischen neurologischen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose
vergleichsweise wenig erforscht. Insbesondere zu langfristigen Effekten und dem Risiko, später
im Verlauf der Erkrankung eine Demenz zu entwickeln, besteht noch Forschungsbedarf.
In der vorliegenden Literaturübersicht wird der Frage nachgegangen, ob und gegebenenfalls
welchen Einfluss körperliche Aktivität kurz- oder langfristig auf kognitive Leistungen hat. Grundlage
dieser Übersichtsarbeit sind Metaanalysen prospektiver Kohortenstudien zur Entwicklung
kognitiver Defizite mit und ohne regelmäßige körperliche Aktivität bei älteren Personen, welche
kürzlich publiziert wurden [57]. Die Studienlage zu spezifischen Effekten durch Sport auf die
Kognition bei der Multiplen Sklerose ist noch zu wenig weit entwickelt, als dass eine systematische
Metaanalyse sinnvoll wäre. Wir werden dennoch in der vorliegenden Arbeit die aktuelle
Studienlage zu diesem Thema darstellen und Analogien zu den besser untersuchten neurodegenerativen
Demenzen darstellen.
In den zitierten Metaanalysen zeigt sich, dass körperliche Aktivität sowohl kurz- als auch
langfristig einen positiven Einfluss auf kognitive Funktionen ausüben kann, wobei der Effekt
bei bereits bestehenden kognitiven Einschränkungen geringer ausfällt. Es lässt sich zeigen, dass
regelmäßige körperliche Aktivität – in der Regel im aeroben Bereich – das Risiko eines Abbaus
kognitiver Leistungsfähigkeit bei älteren Personen um etwa 25 % (undifferenzierte Demenzen),
37 % (Demenz vom Alzheimer-Typ) und 46 % (leichtes kognitives Defizit) reduzieren kann. Hierin
besteht – neben zahlreichen anderen gesundheitsfördernden Effekten – eine weitere Grundlage
für den Sinn regelmäßiger sportlicher Aktivität.
Die vorhandene Studienlage liefert zumindest keinen Grund, an der Annahme zu zweifeln, dass
diese Ergebnisse auch für Patienten mit einer Multiplen Sklerose zutreffen. Gestützt wird diese
Argumentation durch experimentelle Studien, die vor allem kurzfristige Effekte von Sport auf die
Kognition belegen. Um jedoch eine Aussage zu langfristigen Effekten auf die Kognition in diesem
Patientenkollektiv treffen zu können, sind groß angelegte kontrollierte Studien notwendig. Der
Bedarf hierfür ist offensichtlich, denn mangels effektiver therapeutischer Optionen zur Behandlung
kognitiver Defizite käme einer Prävention große Bedeutung zu.
Schlüsselwörter: Kognition, Multiple Sklerose, Demenz, Demenz vom Alzheimer-Typ, körperliche
Aktivität, Sport, Training


Impact of physical activity on cognition in multiple sclerosis

A. Felbecker, C. D. Reimers, B. Tettenborn

Abstract
The interest on the impact of regular physical activity on cognition is growing due to increasing frequencies of dementia caused by demographic changes. Current knowledge is mainly based on studies focussing on neurodegenerative and vascular dementia syndromes. In contrast, little is known regarding effects of physical activity on cognition in chronic neurological disorders like multiple sclerosis.
The present review analyses whether there is any short-term or long-standing impact of physical activity on cognition and, if any, in which way and to what extent. The meta-analytical synthesis by Reimers et al. [57] of prospective cohort studies on the development of cognitive decline in elderly individuals depending on their previous amount of regular physical activity summarizes the current evidence on this topic. Unfortunately, studies of specific effects in patients with multiple sclerosis are scarce. Nonetheless, we will discuss the current knowledge in the field and show analogies to the results on neurodegenerative and vascular dementia syndromes.
The literature review indicates that both short-term as well as regular longstanding physical activity has a positive influence on cognitive functions in several aspects. However, the effects are smaller in people with already apparent cognitive impairment. The meta-analysis proves that regular physical activity – especially on aerobic basis – lowers the risk of subsequent cognitive decline by about 25 % (undifferentiated dementia), 37 % (Alzheimer’s dementia), and 46 % (mild cognitive impairment). Therefore, preventing cognitive decline may be another motivation for being regularly physically active – in addition to numerous other constitutional effects.
Current evidence of an impact of physical activity on cognitive decline in multiple sclerosis does at least encourage further research in this field. Experimental data clearly supports the hypothesis of positive short-term
effects on cognition. However, regarding long-term effects, there is a need for large controlled trials to finally answer this question. This proves even more true in the light of missing effective therapeutic options once cognitive deficits are manifest. Prevention of cognitive decline by effective and affordable
measures would be strongly desired.
Key words: cognition, multiple sclerosis, dementia, Alzheimer’s disease, physical activity, sport, exercise

© Hippocampus Verlag 2013


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