Neurol Rehabil 2023; 29 (4): 208-214
Machbarkeit und Akzeptanz des Neurotrainings nach Verena Schweizer in Kombination mit Alltagstraining bei erwachsenen Personen in der subakuten Phase nach dem ersten Schlaganfall in der stationären Rehabilitation – eine Machbarkeitsstudie
A. Erne1, C. Schuster-Amft1,2,3, S. Wachter-Müller4, L. Bonati1,5,6, A. Weise7
1 Wissenschaftliche Abteilung, Reha Rheinfelden, Rheinfelden, Schweiz 2 Departement Technik und Informatik, Berner Fachhochschule, Biel, Schweiz 3 Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit, Universität Basel, Basel, Schweiz 4 Fachexpertin und Kursleiterin des Neurotrainings, Freiberufliche Ergotherapeutin, Bad Ragaz, Schweiz 5 Departement für Neurologie, Universitätsspital Basel, Basel, Schweiz 6 Departement für Klinische Forschung, Universität Basel, Basel, Schweiz 7 Ergotherapie Impulse, Vättis, Schweiz
Zusammenfassung Einleitung: Kognitive Defizite sind eine häufige Folge von Schlaganfällen, die sich maßgeblich auf den Alltag und die Teilhabe von Betroffenen auswirken. Trotz hoher Prävalenz und Relevanz ist die Forschungslage heterogen und es fehlt an soliden wissenschaftlichen Untersuchungen. Das Neurotraining nach Verena Schweizer ist als ergotherapeutische Behandlungsmethode im deutschsprachigen Raum weit verbreitet, doch kaum wissenschaftlich evaluiert. Es vereint bei kognitiven Defiziten restitutive und kompensatorische Therapieansätze, die in der Literatur empfohlen werden. Methode: Im Zentrum der Machbarkeitsprüfung stand das Rekrutierungspotenzial, die Einschlusskriterien, die Eignung und Praktikabilität von Assessments und Interventionskombination und das optimale Verhältnis von Neurotraining zu Alltagstraining sowie die Akzeptanz der Therapie. Die Zielgruppe bildeten erwachsene, stationäre Patient:innen in der subakuten Phase nach dem ersten Schlaganfall während ihrer Erstrehabilitation. Es wurde eine monozentrische, einarmige Machbarkeitsstudie durchgeführt. Durch drei verschiedene Fragebögen wurde die Akzeptanz und Machbarkeit anhand einer vierstufigen Likert-Skala erhoben. Ergebnisse: Während sechs Monaten traten 14 geeignete Personen ein, die ausnahmslos für eine Studienteilnahme angefragt wurden. Neun willigten einer Studienteilnahme zu. Die Stichprobe bestand aus fünf männlichen und vier weiblichen Personen mit einem Durchschnittsalter von 68 Jahren. Die Drop-out Quote betrug rund 45 %. Die Machbarkeit ist nicht vollständig gegeben (MW positiv formulierte Fragen 2,88 / MW negativ formulierte Fragen 2,0). Die Studiendauer, die Wahl der Ein- und Ausschlusskriterien, die zeitliche Umsetzbarkeit und die Frequenz von Neurotraining zu Alltagstraining (3 : 1) sowie das kognitive Messinstrument erwiesen sich als nicht optimal. Die Akzeptanz der Studienintervention konnte bestätigt werden (MW positiv formulierte Fragen 3,65 / MW negativ formulierte Fragen 1,57). Keiner der Teilnehmenden brach die Studie aus Unzufriedenheit ab. Die Teilnehmenden erkannten durchgängig den Sinn der Therapie für ihren Alltag und fühlten sich aufgehoben und ernst genommen. Schlussfolgerung: Die Durchführung einer Pilotstudie in einem teilstationären oder ambulanten Setting mit einer Vergleichsgruppe wäre interessant. Eine realistische Planung ist dank der Resultate dieser Studie möglich. Der Ansatz der simultanen Stimulation von Kognition und Motorik durch die haptischen Elemente des Neurotrainings könnte in einer Folgestudie aufgegriffen und im Vergleich mit herkömmlichen kognitiven Therapien ohne motorische Elemente untersucht werden. Auch eine Gegenüberstellung dieses kombinierten Trainings mit rein restitutiv oder rein kompensatorischen Behandlungsansätzen wäre interessant. Die Auswirkungen der Therapiekombination auf die Störungseinsicht bzw. Fähigkeit zur Selbsteinschätzung der Patient:innen müsste genauer untersucht werden.
Schlüsselwörter: Schlaganfall, Neurotraining nach Verena Schweizer, Kognition, Machbarkeit, Ergotherapie
Neurotraining (by Verena Schweizer) in combination with occupationbased intervention in adult inpatients in the subacute phase after the first stroke – a feasability study
A. Erne, C. Schuster-Amft, S. Wachter-Müller, L. Bonati, A. Weise
Abstract
Introduction: Cognitive deficits are a frequent consequence of strokes, which have a significant impact on daily life and participation of affected persons. Despite high prevalence and relevance, the research situation is heterogeneous and lacks solid scientific investigations. Neurotraining by V. Schweizer is widely used as an occupational therapy treatment method in German-speaking countries, but it has hardly been evaluated scientifically. It combines restorative and compensatory therapy approaches, which are widely recommended in the literature. Methods: This feasibility study focused on recruitment potential, inclusion criteria, suitability and practicability of assessments and intervention combination, and the optimal ratio of neurotraining to occupation-based intervention as well as the acceptance of the therapy. The target population was adult inpatients in the subacute phase after first stroke during their initial rehabilitation. A monocentric, single-arm feasibility study was performed. Through three different question-naires, acceptability and feasibility were assessed using a four-level Likert scale. Results: Of 14 individuals approached, nine agreed to participate in the study. The sample consisted of five males and four females with an average age of 68 years. The drop-out rate was approximately 44%. Feasibility is not completely given (average positively worded questions 2.88 / average negatively worded questions 2.0). The study duration, the choice of inclusion and exclusion criteria, the temporal feasibility and the frequency of neurotraining to occupationbased intervention (3:1) as well as the cognitive measurement instrument were not optimal. Acceptance of the study intervention was confirmed (average positively worded questions 3.65 / average negatively worded questions 1.57). None of the participants dropped out of the study due to dissatisfaction. The participants consistently recognized the meaning of the therapy for their daily life and felt that they were being taken seriously. Conclusion: It would be interesting to conduct a pilot study in a day-care or out-patient setting with a comparison group. The approach of simultaneous stimulation of cognition and motor skills through the haptic elements of neurotraining could be taken up in a follow-up study and investigated in comparison with conventional cognitive therapies without motor elements. A comparison of this combined training with purely restorative or purely compensatory treatment approaches would also be interesting. The effects of the therapy combination on the patients' self-awareness would have to be studied in more detail.
Keywords: Stroke, neurotraining by Verena Schweizer, cognition, feasibility, occupational therapy
Neurol Rehabil 2023; 29(4): 217–226 | https://doi.org/10.14624/NR2303003
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