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ZEITSCHRIFTEN / Neurologie & Rehabilitation / Archiv / 2003 3&4 / abstract 1

  

Plastizität des visuellen Systems nach Hirnschädigung

E. Kasten, B. A. Sabel
Institut für Medizinische Psychologie, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg

Zusammenfassung
Lange Zeit ist angenommen worden, das visuelle System sei unveränderlich fest verschaltet und jede plastische Anpassungsfähigkeit auf eine frühe Lebensphase begrenzt. Diese Konzepte wurden in den letzten zehn Jahren radikal verändert. Aus heutiger Sicht sind Nervenzellen des visuellen Systems schon auf einer frühen Stufe der Verarbeitung in ihren Eigenschaften und Funktionen anpassungsfähig und können Informationen aus einem viel größeren, umliegenden Teil des Sehzentrums verarbeiten als bisher angenommen wurde. Diese Plastizität erlaubt nicht nur eine Anpassung an Veränderungen der Umwelt, sondern auch an Erkrankungen des Sehsystems. Zum Beispiel zeigten tierexperimentelle Studien, dass sich Tiere von Schäden des Sehsystems gut erholen können. Unter anderem fand man bei rezeptiven Feldern im Randbereich von Skotomen eine Vergrößerung in den blinden Bereich hinein. Auch zeigen eine Reihe von unabhängigen klinischen Studien aus den letzten 20 Jahren, dass durch Sehtraining eine Gesichtsfeldvergrößerung bei Patienten mit Gesichtsfeldeinschränkungen erzielt werden kann. Der Artikel gibt eine generelle Übersicht über aktuelle Studien und diskutiert Erklärungsmodelle für diese Effekte eines Gesichtsfeldtrainings.
Schlüsselwörter: Hemianopsie, Gesichtsfeld, Plastizität, visuelles System

Plasticity of the visual system after brain damage
E. Kasten, B. A. Sabel

Abstract
It has long been assumed that the visual system is hard-wired and any plasticity was thought to be restricted to a period early in life. These concepts have been radically modified in the past ten years. The present view is that even at the earliest stages of the visual pathway, cells are highly adaptable in their functional properties and are capable of integrating information over a much larger part of the surrounding visual cortex than originally believed. This plasticity allows an adaptation to changes of the environment as well as to defects of the visual system. Animals can recover quite well from loss of vision. Also, animal experiments reveal that receptive fields in the border area of a scotoma show an enlargement into the blind visual field. In addition, several independent clinical studies which were conducted during the last 20 years show a training-dependent increase of the visual field borders in patients with visual field loss. The article gives a general overview of current studies and discusses how these effects of visual field training can be explained.
Key words: Hemianopia, visual field, plasticity, visual system

Neurol Rehabil 2003; 9 (3-4): 113-128


 

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